Ausführliche Biografie
Der selige Engelbert OFM
Aus der Erzdiözese Salzburg stammen eine Reihe von Seligen und Heiligen, die uns die Kirche als Fürsprecher und Vorbilder geschenkt und empfohlen hat. Nur einer von ihnen starb als Blutzeuge für das Evangelium Christi. Es ist dies der selige Engelbert Kolland.
Die Lebensgeschichte dieses Seligen ist sehr bewegt und beginnt am 21. September 1827, als Michael Kolland als fünftes von sechs Kindern einer armen Holzknechtsfamilie im „Lochhäusl“ in der zur Pfarre Zell gehörenden Gemeinde Ramsau im Zillertal geboren wurde. Tags darauf wurde er in der Dekanatspfarrkirche Zell am Ziller getauft und damit in die Gemeinschaft der Kirche aufgenommen. Er wuchs in sehr ärmlichen Verhältnissen auf, war ein sehr lebhafter Junge, der bereits als Schulkind sehr gerne und fleißig betete. Seine Eltern, Kajetan und Maria Kolland, waren so genannte „Inklinanten“, die dem Luthertum zuneigten. Trotz mehrfacher Interventionen des Pfarrers und des Fürsterzbischofs Friedrich von Schwarzenberg kehrten die Kolland-Eltern nicht zur Katholischen Kirche zurück und mussten schließlich im Jahr 1838 die Heimat verlassen. Sie übersiedelten mit einigen der Kinder nach Rachau in der Steiermark. Trotzdem erlaubte Kajetan Kolland nach einer weiteren Unterredung mit dem Fürsterzbischof, dass Michael, der mit einem seiner Brüder bei einer Bekannten in Ramsau geblieben war, in Salzburg das Gymnasium besuchen durfte.
Nach den Turbulenzen in seiner Kindheit, war auch die Zeit in Salzburg für den jungen Zillertaler sehr schwierig. Zu massiven Lernproblemen – vor allem der Lateinunterricht bereitete Michael größtes Kopfzerbrechen - kamen Konflikte mit älteren Mitschülern, die dazu führten, dass er das Gymnasium verlassen musste. Nach einem Aufenthalt bei seinen Eltern in der Steiermark nahm Michael einen zweiten Anlauf, und maturierte schließlich im Jahr 1847. Schon während seiner Gymnasialzeit fühlte er sich besonders von den Franziskanern angezogen und besuchte häufig die Franziskanerkirche. In dieser Zeit dürfte schon seine Berufung und sein Entschluss in den Franziskanerorden einzutreten gereift sein. Unmittelbar nach der Matura bat er um Aufnahme bei den Franziskanern. Das strenge Noviziat absolvierte er ohne Murren und mit viel Freude. Am 22. November 1850 legte er die feierliche Profess ab und nahm den Ordensnamen Engelbert an.
Am 13. Juli des folgenden Jahres wurde Engelbert Kolland im Dom zu Trient von Erzbischof Johann Nepomuk von Tschiderer zum Priester geweiht. Wie bei seinem Ordensvater, dem hl. Franz von Assisi, lautete Engelberts Wahlspruch „Mein Gott und mein Alles“. Nach ausführlichen philosophischen und theologischen Studien in Schwaz, Bozen, Hall und Kaltern verbrachte Bruder Engelbert einige Jahre in Bozen, wo er sich vor allem dem Fremdsprachenstudium widmete. Dabei entpuppte sich der Zillertaler, der stets mit Lernschwierigkeiten zu kämpfen gehabt hatte, als wahres Sprachgenie und lernte neben Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch vor allem auch Arabisch. Während dieser Studienjahre sehnte sich Bruder Engelbert immer mehr danach, seine Sprachkenntnisse auch zu gebrauchen und in die Mission zu gehen, um die Frohe Botschaft in aller Welt zu verkünden. Im Jahr 1855 erfüllte sich der Wunsch des jungen Franziskaners. Er wurde als Missionar in das Heilige Land entsandt. Der Abschied von seinen Mitbrüdern in Bozen fiel ihm nicht leicht und nach einigen Tagen in Rachau musste er auch seiner Familie Lebewohl sagen. Vor allem der Abschied von seiner Mutter war herzzereißend. Er schrieb darüber: „Mein Herz blutete beim Gedanken, dass ich nun so fern von meinen lieben Eltern und Geschwistern mich befinden soll.“Die weite Reise war sehr beschwerlich und mit großen Strapazen für Bruder Engelbert verbunden. Während der Überfahrt von Trient nach Alexandria wurde er schwer seekrank und litt nach der Ankunft sehr unter der orientalischen Hitze. Je näher er jedoch der Heiligen Stadt kam, umso mehr steigerten sich seine Vorfreude und Euphorie. In Briefen berichtet er über die Ergriffenheit und Rührung, die ihn beim ersten Anblick der Stadt Jerusalem übermannte. Er konnte es kaum fassen, an den Heiligen Orten zu sein, wo auch sein geliebter Herr, Jesus Christus, einst gewandelt war. Seinen Eltern schrieb er nach seiner Ankunft: „So bin ich denn frisch und gesund in der Heiligen Stadt, und wenn ich auch ferne von Euch bin, so bin ich doch im Geiste an allen heiligen Stätten bei Euch und vergesse nie für Euch zu beten.“
Engelbert verbrachte die ersten beiden Monate in der Grabeskirche in Jerusalem, bevor er in das Pauluskloster in Damaskus versetzt wurde. Mit großer Neugier und Offenheit begegnete er den orientalischen Bräuchen und Sitten, niemals fehlte ihm jedoch der Realitiätssinn, wenn es um die Einschätzung des Islams ging. Schon bald wurde ihm klar, dass er sich als Seelsorger nicht nur um kirchliche Angelegenheiten und die Sakramentenspendung zu kümmern hatte, sondern er wurde geholt, wenn jemand krank war und er Medizin besorgen sollten, wenn es galt, entlaufene Ehefrauen wieder nach Hause zu bringen (was nach den Angaben Bruder Engelberts recht häufig vorkam) und musste auch sonst bei allerlei familiären und geschäftlichen Sorgen den Menschen beistehen. Sein ehrliches Ringen um die Menschen in der Seelsorge, seine unermüdliche Hilfsbereitschaft und seine ausgezeichneten Arabischkenntnisse öffneten ihm die Herzen der Gläubigen in der Umgebung des Klosters, die Bruder Engelbert bald nur noch „Abouna Malak“, was so viel wie „Vater Engel“ bedeutet, nannten.
Bereits kurze Zeit nach der Ankunft Bruder Engelberts in Damaskus kam es immer wieder zu Spannungen zwischen der christlichen Minderheit und muslimischen Gruppen, vor allem den Drusen, einer gewaltbereiten muslimischen Sekte. Bereits 1858 entging der Franziskanerpater nur knapp einem Anschlag. Im Juli 1860 kam es schließlich zu einer großen Christenverfolgung in Damaskus, der auch Bruder Engelbert und seine Mitbrüder im Pauluskloster zum Opfer fielen. Die Brüder hörten das Wüten in der Stadt, blieben aber im Kloster, da sie sich hinter den Klostermauern sicher glaubten. Ein Verräter, der früher einmal im Kloster gearbeitet hatte, zeigte den Mördern einen geheimen Zugang zum Klosterbezirk. Drei maronitische Christen, die sich ebenfalls im Kloster befanden, waren die ersten Opfer der Horde, anschließend brachten sie sieben Franziskanerpatres um. Sowohl die Laien als auch die Ordensleute hatten in Gegenwart ihrer Mörder standhaft ihren Glauben bekannt. Der jugendliche Engelbert hatte noch versucht über die benachbarten Hausdächer zu fliehen und sich in Sicherheit zu bringen. Ein Frau, ein Beichtkind von „Abouna Malak“, hatte ihm einen weißen Mantel zur Tarnung gegeben, doch dieser war zu kurz und das braune Ordenskleid und die nackten Füße in den Sandalen verrieten Engelbert, als seine Verfolgen ihn einholten. Von rund zwanzig Häschern umringt, fragte er einen: „Freund, was habe ich dir getan?“ Dieser gab erstaunt zur Antwort: „Nichts, aber du bist Christ!“ Zeugen berichten, dass Bruder Engelbert treu zu seinem Glauben stand und im Angesicht des Todes bezeugte: „Ich bin ein Christ, ich bleibe ein Christ. Noch mehr, ich bin ein Diener Christi, Priester der katholischen Gemeinde hier.“ Dann bekreuzigte er sich. Daraufhin traf ihn Hieb mit der Doppelaxt. Als er auch weiteren Aufforderungen, dem Glauben abzuschwören, widerstand, traf ihn schließlich ein tödlicher Axthieb. Er starb kurz nach Mitternacht am 10. Juli 1860 im Alter von 33 Jahren, und durfte darin seinem geliebten Heiland ähnlich sein.
Am 10. Oktober 1926 wurde Bruder Engelbert gemeinsam mit den anderen zehn Märtyrern des Paulusklosters in Rom seliggesprochen. Der 10. Juli ist ein gebotener Gedenktag in der Erzdiözese Salzburg. Im Jahr 1986 wurde er zum zweiten Pfarrpatron seiner Heimatpfarre Zell am Ziller erhoben.
Seine Lebensgeschichte legt den seligen Engelbert besonders als Patron der Schüler mit Lernschwierigkeiten, aber auch für die Ökumene und den Dialog mit dem Islam nahe.